„Das Seil“ (1961)
Als klassischer und für das Genre in den späten 1950er-Jahre und frühen 1960er-Jahre repräsentativer Industriefilm zeigt „Das Seil“ die Produktion von Drahtseilen bei der Westfälischen Union AG für Eisen- und Drahtindustrie sowie deren Verwendung vor allem beim Brückenbau. Dabei spielen Bochum bzw. die hier angesiedelte Seilprüfstelle eine wichtige Rolle.
Der Auftraggeber
Die Westfälische Union in Hamm konnte bei Entstehung des Films bereits auf eine lange Geschichte zurückblicken. Aus der im Jahr 1853 gegründeten Firma Cosack & Comp. entstand 1873 durch Fusion mit zwei weiteren Unternehmen die Westfälische Union AG für Bergbau, Eisen- und Drahtindustrie. Nach einem wechselhaften Jahrhundert wurde das Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg neu gegründet und kam wenige Jahre später zum Thyssen-Konzern. In dieser Zeit entstand auch der Film „Das Seil“, der heute im Bergbau-Archiv Bochum und der Stiftung zur Industriegeschichte Thyssen überliefert ist. Seit 1978 firmiert die Westfälische Union als Thyssen Draht AG. 2003 zog sich ThyssenKrupp aus dem Unternehmen zurück, und heute residiert am Stammsitz der ehemaligen Westfälischen Union in Hamm die voestalpine Böhler Welding Germany GmbH.
Der Film
Im Jubiläumsjahr 1953 feierte sich die Westfälische Union als das größte Drahtunternehmen in Europa. Eisen-, Stahl- und Stacheldraht, Drahtstifte, Drahtgeflechte oder Baustahlmatten und nicht zuletzt Drahtseile aus Hamm fanden Abnehmer in nahezu allen einschlägigen Industrie- und Gewerbezweigen. Dabei wurde die Produktpalette seit Mitte der 1950er-Jahre ausgeweitet, und in diesem Kontext sollte „Das Seil“ wohl vor allem angestammte wie potenzielle Kunden von der Leistungsfähigkeit und der Güte der Drahtseile aus Hamm überzeugen. Nicht zuletzt für den Bergbau oder für die Bohrindustrie hielt die Westfälische Union ein breites Angebot unterschiedlichster Drahtseile bereit. Dabei spielte deren Zuverlässigkeit und Qualität gerade im Bergbau und zumal in der Schachtförderung eine entscheidende Rolle, konnte hier doch ein Seilbruch verheerende Folgen haben. So ist es nicht verwunderlich, dass der Film in seiner ausführlichen Schilderung des konstruktiven Aufbaus von Drahtseilen und des Produktionsprozesses immer wieder die ständigen Qualitätskontrollen hervorhebt, die – auch filmisch – mit einer Seilzerreißprüfung bei der Seilprüfstelle der Westfälischen Berggewerkschaftskasse in Bochum einen Höhepunkt finden.
Auch im Brückenbau als weiterem Verwendungsbereich kam es wesentlich auf eine zuverlässig hohe Güte der Drahtseile an. In seinem zweiten Teil zeigt der Film den Bau vermutlich einer Autobahnbrücke über die Elbe bei Hamburg. Auch bei der Herstellung des Films setzte die Westfälische Union auf bewährte Kompetenz, denn sie vergab den Auftrag an die Deutsche Industrie- und Dokumentarfilm GmbH, kurz Dido-Film, die damals einschlägig bekannte und erfolgreiche Produktionsfirma für Industriefilme. In diesem Sinn ist schließlich auch die musikalische Untermalung der Bilder mit zeitgenössischer Jazzmusik hervorzuheben, die in ihrer Abstimmung auf die Bilder deren visuelle Aussage akustisch unterstützt. Für sie zeichnete der Düsseldorfer Musiker und Komponist Emil Schuchardt (1917-1965) verantwortlich, der mit seiner Musik u. a. den charakteristischen Stil des bekannten Düsseldorfer Kabaretttheaters „Kom(m)ödchen“ mit geprägt hat.
Dr. Stefan Przigoda, Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok)
Filmografische Angaben
Produzent: Dido-Film [Deutsche Industrie- und Dokumentarfilm GmbH, Düsseldorf
Auftraggeber: Westfälische Union AG für Eisen- und Drahtindustrie, Hamm
Produktionsjahr: 1961
Regie: Gondrand de Bruycker
Musik: Emil Schuchardt
Kamera: Ernst Ulrich
Schnitt: Anka Jankowsky
Laufzeit: 10 Minuten
Format: 16-mm-Lichtton, Schwarz-Weiß
Archiv: Montanhistorisches Dokumentationszentrum/Bergbau-Archiv Bochum des Deutschen Bergbau-Museums Bochum & Stiftung zur Industriegeschichte Thyssen, Duisburg
Kontakt
Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok)
beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum
Dr. Stefan Przigoda
Am Bergbaumuseum 28
44791 Bochum
Fon 0234.5788-118
stefan.przigoda@bergbaumuseum.de
Stiftung zur Industriegeschichte Thyssen
Astrid Dörnemann M. A.
Friedrich-Ebert-Straße 12
47119 Duisburg
Fon 0203.987264-70
stiftung-zur-industriegeschichte-thyssen@thyssenkrupp.com
Seilprüfung bei der Westfälischen Berggewerkschaftskasse … (Standbild aus „Das Seil“)
… bis zum Zerreißen des Drahtseils (Standbild aus „Das Seil“)