Nordsternpark Gelsenkirchen
Mit Stolz auf die eigene Vergangenheit
Es war eine außerdordentliche Premiere: Erstmals fand 1997 eine Bundesgartenschau (BUGA) auf dem Gelände einer ehemaligen Zeche statt. Mehr noch: Die bewegte Geschichte der Zeche Nordstern in Gelsenkirchen wurde dabei nicht "versteckt", sondern bewusst mit in die Projektgestaltung einbezogen - und stolz präsentiert. Auch nach Abschluss der BUGA blieb der Landschaftspark für die Menschen in der Region geöffnet und entwickelte sich, nicht zuletzt dank der Freilichtbühne am Rhein-Herne-Kanal, zu einem gefragten Freizeit- und Veranstaltungsort. Wo einst die Kohle Geschichte schrieb, wird heute flaniert, geklettert und ausgespannt. Und auch gearbeitet wird wieder.
Bundesgartenschau 1997
Rund 1,6 Millionen Besucher zählte die Bundesgartenschau (BUGA) 1997 auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Nordstern. Das 170 Tage dauernde Großprojekt markierte den ersten Höhepunkt eines rund vier Jahre dauernden Umgestaltungsprozesses, im Rahmen dessen unter anderem Altlasten entsorgt und Weltkriegsbomben entschärft werden mussten. Ganze 57.000 Lkw-Ladungen Erde waren notwendig, um das Gelände für die BUGA vorzubereiten.
Zentralkokerei von Fritz Schupp
1857 begann in der Gemarkung Horst das Abteufen und die Erschließung des ersten Schachtes der damals nördlichsten Zeche im Revier zunächst unter dem Namen "Gewerkschaft Blücher". Nach deren Insolvenz formierte sich 1866 eine neue Gesellschaft mit dem Namen "Steinkohlenbergwerk Nordstern", die 1868 mit ihrem ersten Schacht die Förderung aufnahm. Bis 1911 sollen noch drei weitere Schächte dazu kommen; vier weitere Jahre später die Kokerei. Der Erste Weltkrieg bedeutete zwar einen zeitweiligen Absatzmangel, gar Stilllegung von Schachtanlagen. Doch die Inbetriebnahme der von Fritz Schupp geplanten Zentralkokerei mit ihren 200 Koksöfen auf der "Insel” zwischen Emscher und Rhein-Herne-Kanal im Jahr 1928 brachte - mittlerweile unter dem Dach der Gelsenkirchener Bergwerks-AG - einen enormen Wachstumsschub. Elf Jahre später ging der damals größte Gasometer der Welt mit einer Höhe von 149 Metern und 600.000 Kubikmetern Fassungsvermögen "ans Netz".
Im Verbund mit Zollverein
Mit der Kohle entwickelte sich auch die chemische Industrie. 1939 war die Gelsenberg Benzin AG mit der Erzeugung von Kraftstoffen aus der Kohlehydrierung ein wichtiger Baustein nationalsozialistischer Autarkiepolitik. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete das Werk als Raffinerie der VEBA Öl AG auf Basis von Erdöl. Nordstern selbst wurde im Krieg schwer beschädigt, erlebte jedoch in den 1950er-Jahren eine erneute Blüte. Wieder war es Fritz Schupp, der mit der Modernisierung beauftragt wurde. Mit der Kohlenkrise in den 1960er-Jahren wurde Nordstern in Verbundbergwerke eingegliedert und fiel 1984 zunächst an Zollverein, 1986 an Consolidation und musste 1993 schlussendlich schließen.
Als Ankerpunkt steht Nordstern heute für die gelungene Umgestaltung eines Industrieareals in einen öffentlichen Park im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) Emscher Park.
Kinderland, renommierte Gastronomie und Ökobauernhof
Pfeilgerade Sichtachsen, bewusst gesetzte Diagonalen, klare geometrische Strukturen und auffällige Brückenkonstruktionen prägen das Gestaltungskonzept des Landschaftsparks, das der Landschaftsarchitekt Prof. Wedig Pridik entwickelte. Zentrales Element bleiben dabei die Zechengebäude. Das Ergebnis überzeugt: Mit Kinderland, Klettergarten, der renommierten Gastronomie "Heiner's", einem Parkhotel sowie dem Ökobauernhof "Ziegenmichel" ist der Nordsternpark mittlerweile ein beliebtes Ausflugsziel mit einem Einzugsgebiet weit über Gelsenkirchen hinaus. Zugleich hat er sich als Gewerbepark einen Namen gemacht; mehr als 1.300 Menschen haben hier ihren Arbeitsplatz. Tendenz steigend.
Der Nordsternpark ist Standort folgender Themenrouten:
Tipps für Ihren Besuch
Menschen und Macher: Friedrich Grillo, Karl Ganser, Markus Lüpertz
Friedrich Grillo
Friedrich Grillo (1825-1888) entwickelte sich mit Übernahme des väterlichen Eisenhandels im Jahre 1848 zu einem der erfolgreichsten deutschen Unternehmer und prägte die Entwicklung des Bergbaus an Ruhr und Emscher entscheidend. Er war Mitbegründer oder Beteiligter an mehr als 20 Zechen und Aktiengesellschaften von Duisburg bis Dortmund, darunter etwa Consolidation in Gelsenkirchen, und beteiligte sich 1873 an der Gründung der Gelsenkirchener Bergwerks-AG. Später fokussierte sich Grillo vor allem auf die Sanierung unrentabler Zechenanlagen und erweiterte sein unternehmerisches Portfolio um die Bereiche chemische Industrie sowie Eisen und Stahl, etwa durch Mitbegründung der Dortmunder Union. Das Essener Stadttheater trägt bis heute seinen Namen. Grillo selbst hatte den Bau eines Theaters ein halbes Jahr vor seinem Tod öffentlich angekündigt und Mittel in Höhe von mindestens 500.000 Mark in Aussicht gestellt.
Prof. Dr. Karl Ganser
Prof. Dr. Karl Ganser (1937) studierte Chemie, Biologie und Geografie. Von 1971 bis 1980 war er Leiter der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Im Anschluss wechselte er ins Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes NRW und wurde 1989 zum Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung (IBA) Emscher Park ernannt. Ziel des auf eine Dekade angelegten Projektes: die Bewältigung der Strukturkrise im nördlichen Ruhrgebiet. Unter Gansers Federführung wurden insbesondere ehemalige Industrieanlagen und deren Umwidmung zur Basis des Strukturwandels. So verhinderte er etwa den Abriss Zollvereins in Essen oder des Gasometer Oberhausen. Die Entwicklung des Nordsternparks war Teil eines der zentralen IBA-Projekte: der Schaffung des städteübergreifenden Regionalparks Emscher Landschaftspark. Für seine Arbeit wurde Ganser, der seit 1999 als Berater und Publizist arbeitet, mehrfach ausgezeichnet.
Markus Lüpertz
Markus Lüpertz (geb. 1941) gilt als einer der bekanntesten deutschen Künstler der Gegenwart und hat sich gleichermaßen als Maler, Grafiker und Dichter wie auch als Bildhauer einen Namen gemacht. Seine Werke werden in der Regel dem Neoexpressionismus zugeordnet. Nach seinem Studium an der Krefelder Werkkunstschule, das er unter anderem über die Arbeit im Bergbau finanzierte, war er ab 1961 als freischaffender Künstler in Düsseldorf tätig, wechselte aber schon ein Jahr später nach Berlin, wo er das Konzept der so genannten "dithyrambischen Malerei" entwickelte. Von 1988 bis 2009 war Lüpertz dann Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie; seit 2014 ist er Dozent an der Akademie der Bildenden Künste an der Alten Spinnerei in Kolbermoor (Bayern). Seine 18 Meter hohe und 23 Tonnen schwere Monumentalstatue "Herkules von Gelsenkirchen" wurde als Auftragsarbeit im Kulturhauptstadtjahr RUHR.2010 auf dem Nordsternturm installiert und steht gleichermaßen für den Kampfgeist des Ruhrgebiets wie für dessen Fähigkeit, Lösungen für drängende Probleme zu finden.